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Die Fabrikantenvilla wurde im Jahr 1908 in hervorragender Aussichtslage im Süden von Stuttgart von den Architekten Albert Eitel und Eugen Steigleder für den Kaufmann Alfred Reisser errichtet. Das große parkähnliche Grundstück mit dem komplett in Tuffstein verkleideten Gebäude zeigt alle Merkmale des späten Historismus mit Verbindungen zum englischen Landhausstil. Der Baukörper mit verschiedenen Dachformen ist nach allen Seiten reich gegliedert. Zur Straßenseite zeigt sich ein durch Natursteinsäulen gegliederter Kolonadenaufgang zum Haupteingang, ein Runderker der die Hauptwohnräume und ein abgesetztes Giebelhaus, das die ehemaligen Wirtschafträume wie Küche, Anrichte und Speisekammer nach außen markiert. Das denkmalgeschützte Gebäude war zu Planungsbeginn in vielen wesentlichen Teilen seiner Ausstattung, sowohl in seiner äußeren Form, als auch in seiner inneren Aufteilung, erhalten.
Durch verschiedene Eingriffe sollte die Verbindung des Gartengeschosses, in dem die Hauptwohnräume und die neue vergrößerte Küche liegen, mit den umliegenden Terrassen- und Gartenbereichen verbessert werden. Direkt angelagert an die Küche wurde auf der neu errichteten großen Garage eine Westterrasse mit Natursteinbelag angelegt. Eine neue Verbindung von der Küche über eine große Verglasung auf die Terrasse ermöglicht nun zeitgemäßes Sommerwohnen im historischen Gebäude. Über eine zentral gelegene Eingangshalle verbinden sich drei große Wohn- und Speiseräume mit der Südterrasse und den Ausblicken auf Stuttgart Süd. Von dort führt eine zweiläufige Treppe ins Obergeschoss und weiter ins Dachgeschoss.
Im Obergeschoss befinden sich die Schlafräume und Bäder, sowie eine breit angelegte, schmale Aussichtsterrasse nach Süden. Die Räume gruppieren sich um eine großzügige Diele. In einem ehemaligen Zimmer wurde das Hauptbadezimmer mit schönem Blick auf die Gartenanlage realisiert. Das Dachgeschoss mit weiteren Schlafräumen und Badezimmer liegt bereits teilweise im Dachraum. Hier wurde im ehemaligen Dachboden ein Sauna-Wellnessbereich mit Sportraum verwirklicht. Große neue Fledermausgauben belichten den neuen Wohnraum und bieten Ausblicke nach Stuttgart West und Süd und tragen zum harmonischen Gesamtbild von außen bei.
Die bestehende Terrasse im Obergeschoss zur Gartenseite wurde nach Überarbeitung und Neuabdichtung mit Natursteinplatten belegt und erhielt ein filigranes Stahlgeländer, dessen Ornament sich an den bestehenden Holzkassettenmustern im Inneren orientiert. Die Travertinsteinfassade, Säulen und Portikus wurden aufwändig überarbeitet, stark beschädigte Teile ersetzt und die gesamte Fassade gereinigt. Die historischen, bauzeitlichen Kastenfenster blieben erhalten und überarbeitet. Hierzu wurden Isolierglasscheiben und Dichtungen in die historischen Innenflügeln eingearbeitet. Nicht bauzeitliche Holz- und Aluminiumfenster wurden durch neue Holzfenster mit schmalen Profilen und Sprossenteilung nach historischem Vorbild ersetzt. Die kaputten Rollläden wurden nach Bestandvorgaben farblich angepasst erneuert. Das für Stuttgart typische, reich gegliederte Satteldach mit Fledermausgauben wurde neu gedeckt und gedämmt. Die komplette historische Zimmermannskonstruktion in den Dachräumen wurde erhalten und im Wellnessbereich und im 2. Dachgeschoss sichtbar gemacht.
Besondere Beachtung bei den restauratorischen Arbeiten im Innenraum fanden die Holzarbeiten und Vertäfelungen insbesondere im Hauptwohngeschoss. Nicht mehr vorhandene Holzelemente wurden ergänzt. Zeitgemäße Einbaumöbel nach individuellen Entwürfen komplettieren die anderen, an den historisch angepassten Kontext, ausgeführten Arbeiten. Die Natursteinarbeiten, in Verbindung mit der hochwertigen Ausstattung der Bäder, die neuen Fischgrät- und Dielenböden in den Obergeschossen und nicht zuletzt ein individuelles Farbkonzept geben der denkmalgeschützten Villa ein modernes und zeitgemäßes Wohngefühl mit allem Komfort. In Zusammenarbeit mit Lichtplanern und renommierten Einrichtungsplanern aus München und Stuttgart wurde ein Lichtkonzept und die „Freie Möblierung“ entwickelt und umgesetzt. Technisch wurde das Gebäude in allen Belangen auf den neuesten Stand gebracht.
Der parkartige, 30 Ar große Gartenbereich, der sich weitgehend eben und hervorragend nutzbar an das Gebäude anschließt, wurde komplett überarbeitet. Hierbei wurde die Gliederung durch niedrige Natursteinmauern, Wegeführung und Terrassenbereiche grundsätzlich beibehalten und im neuen Entwurf gestärkt. Über der, anstatt einer kleinen Bestandsgarage, neu eingebauten Hanggarage mit einer Fläche von 80 m² wurden neue Terrassenbereiche, Rasenflächen und Wege angelegt. Alle Natursteinarbeiten wurden dabei in heimischem Travertin mit großformatigen Plattenbelägen und Sitzstufen ausgeführt. Alle Pflanzbereiche wurden neu angelegt. Eine dunkel lackierte, moderne Stahltreppe von der Terrasse des Gartengeschosses in den Zufahrtshof trägt zur Offenheit der Wegebeziehungen auf dem Grundstück bei und schafft eine neue Verbindung vom Zufahrtshof in den Gartenbereich bei. Als neues Gestaltungselement stärkt Sie, zusammen mit den bronzierten Metalltoren an Grundstückszufahrt und Garagen, den zeitgenössischen Aspekt des Umbaus.
Auf der oberen Gartenebene der Westseite wurde eine Schwimmbadanlage mit großer Gartenloggia und Gerätehaus im gleichartigen neuen Travertin der Gartenterrassen angelegt. Im Rasenbereich eingebettet bietet dieser Teil des Gartens eine ganz neue gestalterische Einheit mit den neuen Natursteingebäuden und Mauern, der sich aber über die Verbindung Material und Blickbeziehungen sehr gut mit dem historischen Kontext verbindet.
Projekt
Umbau denkmalgeschützte Villa mit Garage, Gartenanlage, Schwimmbad und Möbelbau
Ort
Stuttgart
Umfang
alle Leistungsphasen
(Entwurf – Bauleitung)
Wohnfläche
640 m²
Mitarbeiterinnen
Andrea Klasmeyer–Röver
Eva Tribó Paul
Marta Emer

